TREVOR – Ronny Szillo

Dear Trevor,

When I was at your place today to pick up my cash, you weren’t there!
The door to your trailer was open and when I went in I could hardly believe my eyes. What a devil’s work – I mean the device you

built in your living room. It looks like you want to get in touch with aliens or are you developing a new wonder designer drug? And what should the strange little stuff be, which is spread all over the place? Although it was dark as in the bear’s ass I somehow saw a light in each of these strange figures. The biggest surprise was in your shower. Disgusting.
You should clean up again. – and I don’t just mean your trailer.
Deal with it and bring me my cash – Trevor – that’s the last warning!
Hurk

Grüne Erde – Myriam Mayer

INFORMELLE TEETRINKER

Vom Tee die Blüten, Ob weiße oder gelbe, Nun Küchenabfall!

Die Blüten des Tees in diesem Haiku von Buson aus dem 18. Jahrhundert sind zwar gelb und weiß und nicht grün (wie bei der Recherche erwünscht), trotzdem kann man sich die Szene ersinnen: farbiger Teesatz, wie angemischte Pigmente, ob weiß, gelb oder grün spielt erstmal keine Rolle, wird ausgekippt, kommt in den Küchenabfall und somit aus dem Blickfeld des allgemeinen Interesses. Oder wird von Myriam Mayer weitergenutzt, die mit dem in der Tasse verbliebenen Rest des Matcha-Tees malen könnte, wenn ihr einmal die Aquarellfarbe ausginge.ماسك القهوة

Der eingangs zitierte Dichter Buson scheint als Maler (seiner zweiten Profession) wie ein unbekannter geistiger Verwandter Myriam Mayers. Auch er malt monochromes Grün (in japanischer Edon-Tradition sind natürlich begrünte Berglandschaften zu erkennen), vielleicht malt er sogar mit Teesatz, das ließ sich nicht verifizieren. Beide nutzen einfache Mittel, im Sinne von monochromer Farbe, festen Bildmaßen und auf den ersten Blick abstrakte Sujets, verhandeln in und durch die augenscheinliche Einfachheit die komplexesten Themen.

Auch die Vertreter*innen des Informel versuchten (knapp zwei Jahrhunderte nach dem Tod Busons und über drei Jahrzehnte vor der Geburt von Myriam Mayer), geleitet von neuen Theorien der Psychoanalyse, tiefliegende, mit den klassischen Mitteln der Malerei gar nicht zu erfassende, innere Regungen zu visualisieren und ihrer dadurch habhaft zu werden. Eine konsequente Fortsetzung des Reduzierens des Dargestellten ist das Zurücksetzen der Mittel. Eine Farbe, ein Block Papier, oder auch drei Zeilen, reichen und erlauben in die Tiefe zu gehen:

Wenn sich kein Blatt regt, Sind sie doch so unheimlich, Die Sommerbäume. (Buson)

Drip – Jana Slaby

Entkontextualisierter Schleim

Quallen sind für Urlauberinnen in Deutschland das, was die Vögel bei Hitchcock sind, in Scharen auftretende Wesen, die Angst und Ekel hervorrufen, plötzlich da sind, sich unkontrolliert vervielfachen und einem Strandtag eine im Zweifel schmerzhafte Komponente hinzufügen. Auf der anderen Seite ist eine Faszination für die Qualle, ein Wesen ohne Gehirn und Knochen, das eine für die Natur einzigartige ästhetische Kraft besitzt. Das allerdings nur, wenn man sie im Wasser sieht, optimalerweise im künstlichen Habitat eines Aquariums. Die Ästhetik ist entfremdet, denn im natürlichen Lebensraum des Meeres wird die Qualle entweder nur als haptischer Ekel wahrgenommen oder als angetrockneter Schleimhaufen am Strand.

Jana Slabys Schleimhaufen sind die Träger ihrer Konzepte. Sie benutzt Scobys, fermentierte, schwimmende Pilze. Außerhalb ihres funktionalen Ursprungs werden sie getrocknet und pigmentiert zu Bildkörpern oder in Fetteckentradition installierte slabysche Schleimecken. Jana Slaby ist die Dirigentin ihrer Bakterienkulturen, macht sich die Qualitäten jedes einzelnen Orchestermitglieds zunutze und bringt den Schleim in seinen neuen Kontext.

LA FAMILIA – Markus Heller

  • You take care of your family?
  • Sure.
    He glances at him, who makes himself as inconspicuous as he can.
  • You look terrible. I want you to eat well, to rest. And spend time with your family.
  • And then, at the end of the month, this big shot will give you the part you want.
  • It’s too late. All the contracts have been signed, they’re almost ready to shoot.
  • I’ll make him an offer he can’t refuse. Now go back to the party and leave it to me.
    He closes the door, smiling to himself.
  • When does my daughter leave with her bridegroom?
  • They’ll cut the cake in a few minutes…leave right after that. Your new son-in-law, do we give him
    something important?
  • No, give him a living. But never let him know the family’s business. What else, Tom?
  • I’ve called the hospital; they’ve notified Consiglere Genco’s family to come and wait. He won’t last
    out the night.
    Later in the Hospital Corridor:
  • What was this for?
  • For bravery.
  • And this?
  • For killing a man.
  • What miracles you do for strangers.
  • I fought for my country. It was my choice.
  • And now, what do you choose to do?
  • I’m going to finish school.
  • Good. When you are finished, come and talk to me. I have hopes for you.

Wicht – Marie Athenstadt

Horror vacui

Ein Wicht ist im Wohnwagen. Kein Wichtel, der kleinere, süße Bruder, sondern ein ausgewachsener Wicht. Er schafft Chaos, wütet am Rande der Verzweiflung, aber auch aus Freude am Kontrollverlust. Er malt sich selbst. Wir haben ihn noch nie gesehen, aber Nacht für Nacht wächst ein Gebilde auf dem Boden des Wohnwagens, das ein Gesicht zeigt, wie eine Maske, die aus dem Fußboden herauswächst. Der Wicht hat sich ein Nest gebaut. Von den und Schafen nimmt er das Heu. Scheinbar ruht er sich zwischen dem Malen dort aus, denn das Heu ist voll von der Farbe, mit der er sich malt. Wir glauben, er malt sich selbst. Immer wieder, Schicht für Schicht, immer in grün. Will er wissen, wer er ist? Ist er besessen? Vielleicht hat er Angst vor der Leere. Oder will nicht Nacht für Nacht allein sein mit sich. Vielleicht haben die Schafe Angst vor ihm. Deshalb kommt er, jede Nacht, in den Wagen, ruht sich dort aus und malt weiter an seinem Selbst.

In mein Haus – Henrike Pilz

un Jardin d’Hiver

Nachhauseweg einen grimmigen Mann, der sich auf dem Rasen seines Gartens stehend alle paar Sekunden bückte und wütend Herbstlaub in die Mülltüte in seiner linken Hand warf. In seinem Vorortvorgarten hat der Rasenmähroboter eine neue Steigerung der Rasenkultur gebracht. Dort, wo vor zehn Jahren schon vertikutierte und gemähte Wiese war, sind heute alle Halme exakt 45 Millimeter hoch. Der Rollrasen ist die Palme des 19. Jahrhunderts, durch technische Neuerungen bis in die Unkenntlichkeit domestizierte Natur. Sinnbild der Dekadenz und Bourgeoisie, die sich ihre Wunderkammer im Privaten schafft.Der Rasen überdeckt par terre den Grund, grenzt sich ab, betont die Disziplin und Reinheit seines Bezwingers. Das einströmende Wasser lässt sich nicht verdecken, ist durch seinen ewigen Kreislauf immer in Bewegung. Obwohl seit der Gestaltung von Landschaftsgärten versucht wird, das Wasser zu bezwingen, es in geordneten Kaskaden die Wiese fließend begleiten zu lassen, ist es nicht beeinflussbar. Trotz der elementaren Gegensätze ist es das, was immer da ist: Erde und Wasser. Gebannt in einen Wohnraum wird das Grundsätzliche zum wachsenden Sehnsuchtsort.

Nasil Yaşayağiz? – Ece Cangüden

Er sagt
„Ich bin hier nur Tourist
Ich bin nicht integriert
Das Dasein, das ich friste
Hat ein anderer inszeniert“
Er sagt
„Und wenn es denn so wäre
Wäre das so schlimm?
Ich bin in meinem Körper
Auch nur ein Eindringling“
Er hat keinen Inhalt
Er ist eine hohle Form
Er hat keine Stimme
Und kündet nicht davon
Er ist nur eine Hülle
Die uns beide trennt
Er produziert in aller Stille
Was man Liebe nennt
Das ist keine Erzählung
Das ist nur ein Protokoll
Doch wir können davon lernen
Wie wir leben wollen

Dirk von Lowtzow

Ana Castillo – black sunshine

…’m at the bridge.

It’s evening.

Almost no birds can be heard.

The water is running without a sound.

Darkness comes out anytime here.

I walk into it.

The little deers… are hiding,

among the ferns. As usual.

Is it difficult to walk there?

No. Not really.

In fact, it’s almost okay.

In among the trees,

on the slope,

there’s a? foxhole.

How do you feel there?

I can’t really tell.

It should be easy, passing.

And yet,

it’s like walking through mud.

The trunk is thick.

The tree rots so slowly.

It has some strange kind of personality.

I’ve always found that.

Now…

Where are you, are you,

are you heading for the cabin?

Yes, I am.

I’m walking up the path

through the tall grass.

Then don’t go in.

Don’t go in.

It’s the outside you’re afraid of.

Don’t look around.

No.

Lie down on the green.

You want me to lie down?

Lie down on the grass.

On top of all the plants?

Yes, lie down on the plants.

Are you lying down?

Yes.

Good.

What is everything like around you?

Green.

It’s all very green.

Good.

Now will you do what I ask you?

Yes.

What do you want me to do?

I want you…

to melt into the green.

Don’t fight it.

Just – turn – green.

Lars von Trier

Hannes Uhlenhaut – IL ROTTO NELLA RIPETIZIONE RITMICA

You’re alone in the pack, you’re feeling like you want to go home

You’re feeling life’s finished but you keep on going

The reason is there but you won’t find it till you’ve been and gone

Because you’re living a hoax: someone’s got you sussed

Dull your brain or seek inspiration

You peel illusion and then you find it’s a transfer

Drugs for the machine to play with your head

So you can stand back and watch or take part and learn

If you don’t know the game then you’re still part of it

Because out on the streets it’s strange to see the show

Knowing full well that you’re on the range

Dodge the bullets or carry the gun, the choice is yours

Look at the controller: a Nazi with a social degree

A middle-class hero, a rapist with your eyes on me

You feast on masturbation, a priest cheers to the nuns you fuck

You’d wipe out spastics if you had the chance but Jesus wouldn’t like it

Jaz Coleman

Tobi Keck – Spiritualizier

https://youtu.be/jnrwacfKP5A

Wenn du zu ihr gelangst, erkennst du sie so: Des Nachts leuchtet ihr Haupt wie eine Lampe. Wenn du sie erblickst, schlage schnell mit Eisen einen Kreis um sie, damit sie dir nicht entflieht. Derartig groß ist ihre Macht, dass sie, wenn ein unreiner Mensch zu ihr kommt, schnell von ihm flieht. Daher schlage schnell einen Kreis mit Eisen um sie und ziehe um sie herum einen Graben, ohne sie mit dem Eisen zu berühren, und ganz sorgsam entferne mit einem elfenbeinernen Stab vor ihr die Erde, und wenn du die Füße und die Hände der Mandragora selbst erblickst, dann schließlich fessele die Pflanze mit einem neuen Bindfaden. Und nachdem du sie gebunden hast, binde auch einem Hund den Bindfaden um den Hals. Vorher machst du den Hund hungrig und sein Futter soll entfernt von ihm hingestellt werden, damit er, zerrend, die Pflanze ausreißen kann.

Apuleis Platonicus nach Josephus Flavius

(Alle Texte geschrieben und ausgewählt von Sophia Pietryga)

Stefan Vogel – La Quinta

„Er trank kein Wasser mehr und ertrank“

(Lens Strong)
Wasser hatte er jetzt genug getrunken. Bitte lass es oder sags nochmal. Er geh einfach mit
unter. Drunter durch und oben der Schirm im Wind. Alles auf Durchzug und rein. Kaltes klares Erdreich und das Fenster brennt. Schütteln und Entweichen. Zu weich das ganze für den Schnitt. Schritt. Matsch und Match. Zwei Punkte und viel zu viele Kommas. Es brennt in der Schlucht. Wasser hatte er genug getrunken hatte er abermals gesagt und sagte es nochmal oder er lässt es einfach. Einfach laufen, einfacher Gang. Das hört sich traurig an und es ist auch so. Am Ende heult die Quinte auf allen Vieren. Erst mal testen und dann nochmal und nochmal oder einfach sein lassen. Das musst du aber schon noch tun, haben Sie Ihm gesagt und tranken dabei Wasser und wiederholten es immer wieder und pflanzten es in die Töpfe.
Oben ist der Kopf und das Ende, zu Ende.